Von der Wirtschaft werden sie umgarnt und fast schon herangezüchtet: Die Kleinen, die mehr Erwachsene sind als Kinder.

Ebenbilder ihrer Eltern, von ihnen gefördert, in ihrem persönlichen Wahrnehmen genauso wie in der Art ihrer Selbstdarstellung: die Baby- und Kinder-Influencer. Angefangen hat’s damit, dass Celebrity-Babys, sobald geboren oder noch währenddem sie in die Welt gepresst oder kaiserschnittlich – mit Live-Schaltung in den Gebärsaal – geholt werden, auch schon über ihren eigenen Twitter- oder Insta-Account verfügen. Mama und Papa Celebrity füttern dann diese Accounts täglich mit reichlich Bildern ihrer Sprösslinge. Die ja so anders sind als Kinder der Normalos: Sie strahlen schöner, wachsen schneller, sind berufstätig noch bevor sie laufen können. Die eine eigene Marke bilden, gepusht von Mama und Papa. Dargestellt als Baby-Hipster, gekleidet ins Teuerste vom Teuersten. Gefüttert mit was auch immer die Wirtschaft gerade als «IN» erklärt. Umgeben von Luxus und Glitter. Und natürlich reichlich gesponsert mit Millionen, die sie zu ihren schon vorhandenen Millionen dazuverdienen. Indem sie sich und ihre Babys oder Kleinkinder als Influencer und Testimonials benutzen. Und die Masse folgt. Und die Wirtschaft profitiert.

Vorgemacht von den Klatsch- und Glitterspaltenfüllern, folgen Mama und Papa Normalverbraucher in deren Spuren und pushen ihr Baby Normalverbraucher zum Insta-Superverbraucher-#Baby. Da wird inszeniert und geknipst was das Zeug hält. Produkte #dezentauffälligzufällig platziert und mit möglichen und unmöglichen #Geschichten ausgeschmückt. Die meisten bleiben über kurz oder lang auf der Strecke, sinken wieder ab in die Bedeutungslosigkeit der Normalos. Nur wenigen #Auserlesenen gelingt der Sprung nach oben. Wo sie dann als #Newcomer-Celebrities von der #Wirtschaft überschwenglich empfangen, umgarnt und bezurrt werden. Die neuen #Influencer zeigen sodann den Normalos wie’s geht und bauen auf ihren #Followern ihren Erfolg weiter aus. Und die Spirale dreht sich unaufhörlich, braucht aber neues Futter. #Nochniedagewesenes.

So spielen Babys und Kinder in der Werbung eine immer zentraler werdende Rolle. Die #Masterrolle sozusagen. Denn sie sind ja schliesslich die grossen Konsumenten der schneller nahenden Zukunft. Sie sind der Massstab, an dem sich künftig Generationen messen. Die Wirtschaft macht sich das schamlos zunutze. Sie steuert raffiniert und gezielt das Konsumverhalten der Eltern mit extra für die Kleinen und Kleinsten entwickelten Produkten und Vermarktungsstrategien. Dazu setzt sie darauf, dass Eltern untereinnander sich am Erfolg oder der Darstellung ihrer Sprösslinge messen. Neid spielt dabei eine zentralle Rolle. Neid der Nachbarn ist die Essenz. Neid der Kindergarten- oder Schulkameraden die Quintessenz. Und Neid auf die Celebrities das Ultimative. Und das Neuste vom Neuen ziert in Windeseile ganze Quartiere. Schwappt über Stadt- und Landesgrenzen und wird zum globalen Renner. Das Muss-ich-haben-Syndrom grassiert als weltweite Epidemie. Alle haben’s. In verschiedenen Farben versteht sich. So kommt der Nachahmungseffekt weniger zur Geltung. Und auf der Strecke bleiben die Kinder, die kaum geboren schon globalisiert werden. Die Grenze zwischen Ich-bin-heute-Geboren, der Kindheit und dem Erwachsenenalter wird mehr und mehr verwischt. Ihnen werden Werte vermittelt, von denen sie sich im Teenageralter geschweige denn als Erwachsene kaum lösen können. Denn wer immer das Beste vom Besten, das Neueste vom Neuen und das Teuerste vom Teuersten gewohnt ist, kann sich wohl kaum mit Normalität umgeben.

Die Kindheit, als unbeschwerter Ort auf Erden, wegradiert. Kinder müssen heute sein wie die Grossen – immer und überall dabei, immer und überall beteiligt, immer und überall zuvorderst, immer und überall die Besten. Und vor allem: immer ein Konsument. Und die Helikopter-Eltern sind zufrieden. Und wenn sich durch ihre Influencer das Konto aufbessern lässt, umso mehr. Damit auf dem eigenen Account die Bora-Bora-Inseln als nächstes Ferienziel ausgewiesen werden können.