Immer wieder kommt es in meinem Leben vor, dass Menschen, die ich sehr gerne habe und mir sehr viel bedeuten, sich von mir zurückziehen. Zum Teil jahrzehntelange Freundschaften mit wöchentlichen Kontakten bröckeln plötzlich und ich werde «vergessen». Einfach nicht mehr eingeladen oder zum Shoppen angefragt. Und wenn ich einladen möchte, klappt’s nicht, aus welchen Gründen auch immer.

Die langjährige Freundin wendet sich einer anderen zu, die vielleicht mehr Zeit hat. Oder als Mensch interessanter ist. Was sehr weh tut. Und ich komme mir verlassen vor, auch einsam. Gute Freunde wachsen nicht auf Bäumen.

Natürlich grüble ich herum und frage mich, was ich falsch gemacht habe. Oder vielleicht etwas gesagt, das dem Gegenüber nicht passte. Wobei meine Freundin und ich noch nie Differenzen hatten, was ich so schön finde. Sie wertet mich nicht. Oder hat nicht…

Wenn ich so zurückdenke, geschah dieses Verlassenwerden meist nach einschneidenden Veränderungen in meinem Leben.

Nach meiner Lehrzeit war ich früh Mami, mit 21 Jahren. Aus heutiger Sicht, selbst noch nicht völlig erwachsen. Ich habe damals geheiratet, weil ich schwanger war. 18 Monate und viele Schläge später war ich geschieden. Alleinerziehende Mutter eines wunderbaren Mädchens. Und ich wohnte mit Kind wieder bei meinen Eltern. Was nicht einfach war, aber die einzige Möglichkeit, mein Kind behütet und in einer (meiner) Familie aufwachsen zu sehen. Nach zwei Jahren konnte ich uns eine schnucklige Zwei-Zimmer-Wohnung leisten. Um meiner Rolle als Mutter gerecht zu werden, war auch ein Jobwechsel zu Schichtarbeit nötig. So arbeitete ich nachts, bis morgens um 11 Uhr. Diese Arbeitszeit war dann aber meiner sozialen Kontakte nicht förderlich. Doch für mich war es gut so. Finanziell unabhängig. Auch gut deshalb, weil die Alimentenzahlungen von 3oo Franken nicht monatlich kamen und ich permanent betreiben musste.
Heute sind Frauen und Kinder besser geschützt.

Meine damalige Freundin, mit der ich Party feierte und Ferien verbrachte, zog sich Schritt um Schritt zurück. Wohl weil ich an den Wochenenden nicht mehr mit ihr in Clubs und Discos ging, stattdessen lieber zu Hause blieb. Bis wir uns dann ganz aus den Augen verloren. Fünf Jahre war ich ohne Partner, auch ohne Freundin. Und oft so sehr einsam, dass ich, wenn ich in meine Wohnung kam, auf den Boden sank und weinte. Einsamkeit tut so weh.

Warum war niemand an mir, an meiner Freundschaft interessiert?

Vor 31 Jahren lernte ich dann meinen zweiten Mann kennen.
Und wir wuchsen mit den Jahren zu einer 5-köpfigen Familie an. Ich hatte ein Drei-Mädel-Haus. Bin so stolz auf meine Beautys.

Nach entbehrlichen Jahren mit permanentem Sparen und ohne Ferien folgte mit dem (Traum-)Hauskauf die Erfüllung zumindest meiner Träume. Doch auch als neue Hausbesitzer zog sich eine weitere Freundin samt Familie zurück, mit der ich 8 Jahre eine herzliche, ehrliche Beziehung pflegte. Familie Neid motzte über unser Heim, was hätte besser sein können, oder sie anders gemacht hätten. Jaja. Wohl gemerkt, mein Haus hat eine Geschichte, es ist Baujahr 1728! Da kann man nicht einfach machen, was man will. Es steht unter Heimatschutz.

Dann trat eine neue Freundin in mein Leben, mit der ich mittlerweile fast 20 Jahre befreundet bin. Sie stützte mich in meiner Ehekrise und half mir auch durch meine jahrelange Depression. Nun sehen wir uns fast nie. Sie hat wunderbare Enkelkinder, die sie geniessen kann. Mit der Scheidung kam bei mir eben auch ein Jobwechsel. Ich arbeite nun 100%. Weniger freie Zeit. Aber dadurch hab ich mein geliebtes Haus halten können. Wie? Das kann man hier lesen. Nur ist das eben einer Freundschaft nicht förderlich. Wenn man nicht mehr so viel Zeit hat.

Blicke ich zurück, sehe ich mich selber als Loser. Ich hab’s nicht geschafft, Freundschaften zu halten, die mir so viel bedeutet haben. Hab ich wirklich alles hineingegeben? Ich gab Loyalität, doch auch Zeit, Nähe – und vor allem mein Herz. Schnell, vielleicht zu schnell, habe ich mir sympathischen Menschen meine Freundschaft geschenkt. War das ein Fehler? Enttäuschung folgte, wenn ich realisierte, dass das, was ich für die «Freundin» empfand, nicht auf Gegenseitigkeit beruhte.

Es gibt für alles eine Zeit.
Menschen treten in unseren Zug des Lebens und begleiten uns eine Weile.
Einige fahren für immer mit uns mit. – Andere wechseln den Zug.

Jetzt bin ich stark.

Ich habe einen guten Freund, der meine feine Seite sieht, ungeschminkt.

Er sagt:
Du bist so ein wunderbarer Mensch.
Dich muss man sich verdienen.

Und das gilt auch für DICH!